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Brief Nr. 9: Rennen rund um Jupiter

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Hallo,

jetzt hat Freddie wohl alles Vertrauen in mich und meine Forscher-Mission verloren. Und ganz verübeln kann ich es ihm nicht. Allerdings bin ich eben auch noch ein wenig ein kleiner Junge und kleine Jungen dürfen auch mal verrückte Sachen machen.

Ich hatte Dir ja erzählt, dass ich nicht auf Jupiter landen konnte. Aber Jupiter hat ja auch noch etwas, was ihn zu etwas ganz Besonderem macht: nämlich Monde. Und zwar nicht nur irgendwelche Monde, sondern die größten und schönsten im ganzen Sonnensystem. Über sechzig Stück sind es und wenn man die ganzen kleinen Brocken mitzählt, die hier rumfliegen, dann sind es sogar noch viel mehr. Und weil ich schon im Asteroidengürtel kein Glück mit meinem Hindernisrennen hatte, da habe ich das jetzt eben hier rund um Jupiter nachgeholt. So bin ich auf die Kommandobrücke gegangen, habe den Autopilot abgeschaltet und mich selbst ans Steuer gesetzt. Dann habe ich ordentlich Schub auf die Düsen gegeben und bin mit rasender Geschwindigkeit losgebraust, immer rund um Jupiter herum. Dabei bin ich sehr nah an den Monden vorbei geflogen. Das ist nicht nur wie Achterbahnfahren, sondern durch die Anziehungskräfte (Du erinnerst Dich, ich meine die Gravitation) der Monde bin ich dabei immer schneller geworden. Wow, was hat das im Magen gekribbelt und manchmal wusste ich gar nicht mehr wo oben und unten ist. Immer schneller und schneller bin ich gerast und immer näher an die vielen Monde gekommen. Ziemlich aufregend war das, das kann ich Dir sagen.

Freddie ist natürlich beim ersten Zittern des Schiffs, als ich Gas gegeben habe, sofort zu mir auf die Brücke gestürmt. Ich hatte zwar daran gedacht und die Tür abgeschlossen. Aber wir haben hier nur so elektronische Schlösser, die bekommt ein Roboter natürlich ganz schnell auf. Nach wenigen Minuten stand er dann vor mir. „Bist du verrückt?“, hat er mich angebrüllt. Und dass ich sofort damit aufhören sollte. Ich würde noch einen Unfall machen. Ich hab ihn nur kurz angelächelt und nochmal etwas mehr den Gashebel nach vorne gedrückt, so dass Freddie sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte und nach hinten umgekippt ist. Das war sicherlich nichts, was seine Stimmung verbessert hat. Aber Spaß gemacht hat es dennoch ... wenn auch nur mir.

Bis er sich wieder hochgerappelt hatte, bin ich sicherlich noch mindestens vier Mal um Jupiter gerast und einmal noch war es richtig eng, als ich auf Ganymed zugeflogen bin und im letzten Moment das Steuer rumgezogen habe. Ganymed ist nämlich der größte der Monde um Jupiter. Er ist fast doppelt so groß wie der Mond der Erde und größer als der Planet Merkur. Damit ist er sogar der größte Mond im Sonnensystem. Dem auszuweichen ist gar nicht so leicht. Aber ich habe es geschafft.

Schließlich hat Freddie es aber auch geschafft die Motoren abzuschalten und abzubremsen. Jetzt treiben wir langsam ganz in der Nähe vom Jupiter-Monde Io durchs All.

„Du wirst schon sehen, was du davon hast“, hat Freddie nur gesagt und ist dann in die Kommunikationszentrale des Raumschiffs gegangen. Wahrscheinlich funkt er jetzt meine Eltern an, um ihnen von meinem kleinen Rennen zu erzählen. Soll er doch. Schließlich bin ich nicht nur ein kleiner Junge, sondern auch ein bald erwachsener junger Mann. Da steht man zu seinen Fehlern gerade und erwartet lächelnd seine Strafe. Erst recht, wenn es vorher so viel Spaß gemacht hat, wie die Raserei rund um Jupiter.

Bis Freddie zurück ist, kann ich Dir ja noch ein wenig von Io erzählen, den ich gerade durch das Fenster sehen kann. Io ist ungefähr so groß wie der Mond der Erde. Aber er ist eher sowas wie ein kleiner Planet. So hat er sogar etwas Luft um sich herum. Die nennt man übrigens auch „Atmosphäre“. So etwas hat Euer Erdenmond nicht.

Wenn ich jetzt gerade auf Io gucke, dann ist der auch sonst eigentlich viel spannender als Jupiter. Natürlich hat Jupiter den Großen Roten Fleck und die Wirbelstürme. Aber Io hat Vulkane, ziemlich viele sogar. Und die sind teilweise noch aktiv und sowas finde ich ja toll. Insbesondere da die Erde und Io die einzigen Himmelskörper im Sonnensystem sind, die überhaupt noch Vulkane haben, bei denen etwas rauskommt.

Neben Io und Ganymed gibt es noch zwei weitere große Monde rund um Jupiter, nämlich Europa und Kallisto. Alle vier nennt man bei Euch auch die Galileischen Monde. Sie wurden nämlich schon 1610, also vor über vierhundert Jahren, von dem Menschen Galileo Galilei entdeckt. Vielleicht war es aber auch Simon Marius, der behauptete, die Monde noch einige Wochen von Galilei gesehen und beschrieben zu haben. Der Streit ist mir aber ziemlich egal. Sollen sich die beiden doch jetzt im Himmel darüber streiten. Das Tolle für Dich auf der Erde ist sicherlich viel mehr, dass Du diese vier Monde schon mit einem einfachen Fernglas beobachten kannst. Normalerweise sind die ganzen Sterne am Himmel ja etwas langweilig, weil sich da wenig verändert. Aber bei den vier großen Jupitermonden ist das anders. Die fliegen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten rund um Jupiter, wenn auch etwas langsamer, als ich es gerade gemacht habe. Jeden Tag also stehen die Monde anders um Jupiter herum und das kannst Du einfach beobachten. Io braucht zum Beispiel zwei Tage, um einmal um Jupiter zu fliegen. Man ist das langsam … ;-) Aber Euer Mond auf der Erde ist ja bekanntlich noch viel langsamer. Der braucht fast einen Monat für eine Umrundung der Erde.

Oh, ich höre gerade, dass Freddie zurück kommt. Drück mir die Daumen, dass die Strafe nicht zu schlimm wird.

Dein

Rolf.

Brief Nr. 8: Einmal tief durchatmen beim Jupiter Brief Nr. 10: Strafe muss wohl sein